Inhaltsverzeichnis
Der Mastdarm (Rektum) und der Analkanal sind vom einem komplexen muskulären Sphinktersystem – Analer Schließmuskel – umgeben, welches das Lumen des Darms geschlossen hält und die Kontinenz erhält. Es gibt einen inneren und einen äußeren Afterschließmuskel. Störungen in der Fähigkeit, den Stuhl durch willkürliche Kontrolle zurückzuhalten, werden als Inkontinenz bezeichnet. Mehr zum analen Sphinktersystem im folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Definition
- Anatomie
- Funktion
- Beschwerden: Stuhlinkontinenz
Analer Schließmuskel – Definition
Der Begriff Sphinkter dient in der Anatomie als Oberbegriff für alle Muskeln, welche den Verschluss von Körperöffnungen und Hohlorganen bewirken. Im menschlichen Körper existieren Schließmuskeln im Gastrointestinaltrakt (Analer Schließmuskel), im Urogenitaltrakt sowie am Auge. Im normalen Sprachgebrauch wir der sogenannte „Sphinkter“ am ehesten mit den Schließmuskeln am Anus in Zusammenhang gebracht. Es gibt den inneren (M. sphincter ani internus) und den äußeren Afterschließmuskel (M. sphincter ani externus) – durch beide Schließmuskeln sowie dem Beckenbodenmuskel (M. puborectalis) ist eine kontrollierte Darmentleerung möglich und eine Kontinenz kann sichergestellt werden.
Anales Schließmuskelsystem – Anatomie
Die Muskeln, die für den Verschluss des Mastdarms (Rektum) verantwortlich sind und zum analen Sphinktersystem zählen, sind:
- Innerer Afterschließmuskel (M. sphincter ani internus): Der M. sphincter ani internus besteht aus einer glatten Muskulatur und umgibt zylinderförmig die oberen zwei Drittel des Analkanals. Durch Dauerkontraktion des inneren Afterschließmuskels ist der Analkanal dauerhaft verschlossen. Nur bei der Darmentleerung (Defäkation) wird die Dauerkontraktion durch Nervenimpulse aufgehoben. Der M. sphincter ani internus wird sympathisch durch den Plexus hypogastricus inferior innerviert.
- Äußerer Afterschließmuskel (M. sphincter ani externus): Der M. sphincter ani externus besteht aus quergestreifter Muskulatur und umgibt den Analkanal wie eine Klemme von beiden Seiten. Er ist ringförmig angeordnet. Durch eine Dauerkontraktion formt der äußere Afterschließmuskel den Analkanal zu einem Schlitz. Durch die Erschlaffung des äußeren Afterschließmuskels wird die Darmentleerung (Defäkation) eingeleitet. Die Innervation erfolgt durch den N. pudendus.
- “Schambein-Mastdarm-Muskel” (M. puborectalis): Der M. puborectalis ist ein quergestreifter Muskel und Teil des M. levator ani, der zur Beckenbodenmuskulatur zählt. Er entspringt beidseitig seitlich (lateral) der Schambeinfuge (Symphyse) und bildet eine Schlinge um den Mastdarm (Rektum). Der M. puborectalis wird vom Plexus sacralis (S3-S5) und N. pudendus innerviert. Der M. puborectalis dient der Stabilisation der Bauch- und Beckenorgane, erhöht den intraabdominellen Druck (Bauchpresse) und unterstützt Harn- und Stuhlkontinenz.
Darüber hinaus zählen auch die Schleimhaut des Analkanals sowie die Gefäßpolster im After (Corpus cavernosum recti / Schwellkörper) zur Kontinenzorgan, die als Funktionseinheit die Kontinenz gewährleistet.
Analer Schließmuskel – Funktion
Das Rektum und der Analkanal dienen sowohl der Stuhlausscheidung (Defäkation) als auch der Kontinenz.
Kontinenz
Die Kontinenz kann durch folgende Mechanismen sichergestellt werden:
- Dauertonus des inneren und äußeren Afterschließmuskels
- Zug des M. puborectalis
- gefüllter Schwellkörper (Corpus cavernosum): Durch venösen Rückstau – bewirkt durch die Dauerkontraktion des M. sphincter ani internuns und externus – kommt es zur Anschwellung und Abdichtung
Darmentleerung (Defäkation)
Die Darmentleerung (Defäkation) wird durch folgende Mechanismen eingeleitet:
- durch die einwandernde Kotsäule kommt es zur Dehnung des oberen erweiterten Abschnitts des Mastdarms, der Ampulle (Ampulla recti)
- über die Dehnungsrezeptoren wird der Parasympathikus aktiviert und infolgedessen das sogenannte Kontinenzorgan
- es kommt zur Erschlaffung des inneren Afterschließmuskels (M.sphincter ani externus) – der Analkanal wird geöffnet
- durch spinale Reflexe erfolgt die Erschlaffung des äußeren Afterschließmuskels (M. sphincter ani externus) und des M. puborectalis
- der Schwellkörper (Corpus cavernosum) schwellt durch venösen Abfluss ab (durch die Erschlaffung der beiden Afterschließmuskeln)
- durch den sakralen Parasympathikus kommt es zu peristaltischen Kontraktionen in den Darmabschnitten Colon descendens, Colon sigmoideum und Rektum
- es erfolgt die Austreibung der Kotsäule
Anales Schließmuskelsystem – Beschwerden: Stuhlinkontinenz
Eine Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn Darmgase, flüssiger oder fester Stuhl nicht mehr bewusst zurückgehalten werden können und entweichen. Die Ursachen und Symptome hierfür sind vielfältig – eine Stuhlinkontinenz kann beispielsweise die Folge einer unzureichenden Schließmuskelfunktion sind, welche am ehesten nach einer Operation (postoperativ) oder bei der Frau nach der Geburt eines Kindes (postpartal) hervorgerufen werden kann. Auch neurologische Störungen können ursächlich für eine Stuhlinkontinenz sein (Demenz, Neuropathie, Trauma, Tumor). Darüber hinaus sind eine veränderte Stuhlkontinenz (Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Diarrhoe), eine veränderte Kapazität (verändertes Rektumreservoir) und Störungen im Beckenboden als Ursachen für eine Stuhlinkontinenz zu nennen. Meistens ist eine Stuhlinkontinenz multifaktoriell.
Häufige Fragen
- Was kann man tun, wenn eine unzureichende Schließmuskelfunktion vorliegt?
- Wie viele Menschen leiden an Stuhlinkontinenz?
- Welche Ausprägungen von Stuhlinkontinenz gibt es?
Bei einer unzureichenden Schließmuskelfunktion können zunächst nicht-operative Behandlungsansätze zum Einsatz kommen, u.a.: Beckenbodentraining, Biofeedback-Training, Krankengymnastik, Training der Stuhlgewohnheiten, Ernährungsumstellung. Auch Hilfsmittel zur Inkontinenzversorgung (z.B. Analtampons) können verwendet werden. In schweren Fällen kann ein operativer Eingriff indiziert sein.
Schätzungsweise fünf Prozent der westlichen Bevölkerung leiden an einer Stuhlinkontinenz in unterschiedlicher Ausprägung. Mit zunehmendem Alter nimmt auch die Häufigkeit der Stuhlinkontinenz zu – bei geriatrischen und psychiatruschen Patienten/-innen geht man von bis zu 30 % Stuhlinkontinenz aus.
Folgende drei Grade einer Stuhlinkontinenz können genannt werden:
Grad 1: Winde können nicht zurückgehalten werden
Grad 2: Flüssiger Stuhl kann nicht mehr zurückgehalten werden
Grad 3: Normaler Stuhl kann nicht mehr zurückgehalten werden
Autor
Judith Ehresmann
Ärztin
Judith Ehresmann ist Ärztin und arbeitet nebenher als Autorin für die Redaktion von Medi-Karriere. Sie besitzt bereits über viele Jahre Erfahrung im Bereich Online-Redaktion und war unter anderem bereits für die Portale DocCheck, Apomio und Thieme tätig. Dort konnte Sie bereits einschlägige Erfahrungen in der Erstellung von medizinischen Fachartikeln sowie in Themen rund um das Medizinstudium sammeln. Für Medi-Karriere bringt sie ihr Fachwissen in Artikeln über medizinisches Grundwissen ein und gibt gerne Tipps für den ärztlichen Arbeitsalltag. Dabei greift sie nicht zuletzt auch auf ihre persönliche Erfahrung zurück.
Quellen
Rektum und Analkanal, https://www.amboss.com/... (Abrufdatum: 15.04.2024)
Medizinische und Rechtliche Hinweise
Dieser Artikel ist nur als Hintergrundinformation bestimmt. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbst Diagnosen zu stellen sowie Behandlungen anzufangen oder abzusetzen. Die Informationen können keinen Arztbesuch ersetzen. Bei medizinischen Anliegen und zur Klärung weiterer Fragen ist daher stets ein/e Arzt/Ärztin aufzusuchen.
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